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Ausblick auf den Journalismus-Tag

Ausblick auf den Journalismus-Tag

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Fake oder Fakt? Diese Frage steht beim Journalismus-Tag im MIttelpunkt.

Das Bild, das für helle Aufregung sorgt, zeigt vor allem eins: Sechs dunkelhäutige Männer, die an der Außenwand einer Kirche mitten in Bayern stehen. Ihre Köpfe haben sie an die Wand gelehnt, die Hände nach vorne gepackt. Was sie dort wirklich tun, ist auf den ersten Blick kaum zu erkennen.

Genau das aber spielt rechten Gruppen, die Stimmung gegen Asylbewerber machen, in die Hände. Sie nutzen das Bild für sich und erklären: Diese Männer pinkeln an die Wand des Gotteshauses. In Sekundenschnelle verbreitet sich das Bild in den sozialen Medien, mit dem Text: „Sechs ,Neubürger’ urinieren an das christliche Gotteshaus, respektlos und traurig.“

Zwischen Fake News und Wahrheit

Woher aber stammt das Bild und was spielt sich da wirklich vor dem Gotteshaus ab?

Antworten auf eben diese Fragen geben erfahrene „MM“-Redakteure und Referenten der Reporterfabrik, einer Weiterbildungsplattform für Journalisten, beim ersten Journalismus-Tag des „MM“.

In Workshops zeigen sechs Reporter rund 150 Schülern, wie man Fake News als solche erkennt, widerlegt und dabei die Wahrheit ans Licht bringt. Genau hinsehen, selbst denken, kritisch lesen und Quellen prüfen – dafür sollen die Schüler sensibilisiert werden.

Die Bandbreite der Fake News reicht dabei von Falschmeldungen auf Nachrichtenplattformen wie Twitter und Facebook bis zu manipulierten Videos.

Hoch spezialisierte Faktenchecker

Wie wichtig es ist, besonders junge Menschen klar zu machen, dass sie nicht alles glauben dürfen, was sie gerade auf ihrem Smartphone lesen, dass weiß auch Peter Bischof, Schulleiter der Friedrich-List-Schule.

„In diesem Alter sind die Jugendlichen stark beeinflussbar. Influencer leisten da ganze Arbeit, viele gehen oft viel zu blauäugig mit Informationen um.“ Auch deshalb liegt dem Schulleiter viel daran, dass seine Berufsschüler lernen, kritisch zu sein – egal ob bei der Nutzung von Smartphone-Apps oder bei der Recherche für Schulprojekte.

Wie sich auch Journalisten und renommierte Medien dagegen wappnen und wie das Magazin „Der Spiegel“ mit solchen Fake News umgeht, erzählt Ex-Spiegel-Reporter Cordt Schnibben.

In keinem anderen deutschen Medienhaus arbeiten laut „Spiegel“ so viele hoch spezialisierte sogenannte Faktenchecker. Schnibben steht im Anschluss an die Workshops den Schülern Rede und Antwort.

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Lucie Mackert und Peter Fischer auf der Bühne in Aktion. © Max Saufler

Journalismus im digitalen Zeitalter

Auch in der Metropolregion setzen sich Journalisten täglich dafür ein, Fake News zu widerlegen, und kämpfen dabei auch um ihre eigene Glaubwürdigkeit.

„Die Aufgabe von Journalismus gerade im digitalen Zeitalter ist es, unsere Hörer, Zuschauer und User bestmöglich zu informieren, damit sie sich ihr eigenes Urteil bilden können. Und das geht nur auf der Basis von fundierten Fakten. Das ist eine Verantwortung, der wir uns als Journalisten beim SWR tagtäglich stellen und auch stellen müssen“, sagt Dagmar Schmidt, Leiterin des SWR Studios Mannheim-Ludwigshafen.

Wie das gelingt, Nachrichten entstehen, überprüft und bewertet werden, darüber diskutiert Schmidt neben Cordt Schnibben und „MM“-Chefredakteur Dirk Lübke bei der Abschlussveranstaltung des Journalismus-Tags im Jugendkulturzentrum forum.

Und das Bild der Männer vor dem Gotteshaus? Eine Falschmeldung. Es ist die betroffene Kirchengemeinde St. Gertrud, die später auf Anfrage von Faktencheckern aufklärt: Die Männer pinkeln nicht, sie beten. „Nach der Tradition der orthodoxen Christen in Eritrea und Äthiopien gehen die Gläubigen oft nicht in die Kirche hinein, sondern beten draußen.“

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