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Vintageschätze entdecken im Fröhlichladen

Vintageschätze entdecken im Fröhlichladen

Stefanie Maier
Der Fröhlichladen in der Neckarstadt. © Vanessa Müller

Wer in der Neckarstadt-West durch die Fröhlichstraße läuft, passiert zahlreiche Mehrfamilienhäuser, die nichts ungewöhnliches prägen. Wäre da nicht ein Schild mit der Aufschrift „Fröhlichladen“ an der großen alten Holztür der Hausnummer 63 angebracht.

Dieses Hoftor sollte man auf jeden Fall mal passieren. © Vanessa Müller
Dieses Hoftor sollte man auf jeden Fall mal passieren. © Vanessa Müller

Von außen völlig unscheinbar, erwartet einen nach Betreten des Fröhlichladens eine kleine faszinierende Welt an Vintage- und Designermöbeln. Wobei die Bezeichnung „Laden“ eigentlich gar nicht richtig zutrifft.

Denn der Fröhlichladen erstreckt sich über mehrere altehrwürdige Gemäuer, unterteilt in einen Verkaufs- und Ausstellungsraum sowie einer Werkstatt, allesamt verbunden durch einen wunderschönen Innenhof. Der Fröhlichladen ist in seiner gesamten Erscheinung ein kleines Gesamtkunstwerk mit einer beeindruckenden Vergangenheit.

Der idyllische Innenhof verbindet die verschiedenen Räumlichkeiten. © Vanessa Müller
Der idyllische Innenhof verbindet die verschiedenen Räumlichkeiten. © Vanessa Müller

Schon immer ein Ort für Handwerk

In dem Gebäudekomplex befand sich anfangs eine Werkstatt für Weichholz-Möbel, welche nach dem Krieg zu einer Sieb- und Drahtflechterei wurde. Bis in die 70er Jahre versorgte darauf ein Getränkemarkt die Neckarstädter in diesen Räumlichkeiten mit allerlei gegen den Durst.

1982 eröffneten dann drei junge Männer eine Werkstatt mit einem dazugehörigen Laden auf der Fläche. Mit der Zeit entwickelt sich das Ganze zu einer Art Werkstattkollektiv, man könnte sagen ein früher Co-Working-Space, den verschiedenste Leute für ihre handwerklichen Arbeiten nutzen konnten.

Einblick in die Werkstatt des Fröhlichladens. © Vanessa Müller
Einblick in die Werkstatt des Fröhlichladens. © Vanessa Müller

Und so kam es, dass auch der heutige Inhaber der Fröhlichladens Marco Teil davon wurde. Er stieg als gelernter Raumausstatter und Polsterer Ende der 80er Jahre in das Kollektiv ein, bis sich dieses nach und nach auflöste, der Besitzer des Ladens verstarb und er daraufhin beschloss, den Fröhlichladen als sein Eigen zu übernehmen.

„Geplant war immer, dass ich mich selbstständig mache und das war dann auch genau die richtige Zeit dafür in den 90ern,“ erklärt uns Marco, der – auf der Vogelstang aufgewachsen – ein richtiger Ur-Mannheimer ist.

Das Buntglasfenster stammt aus einer alten Villa und wurde bei der Renovierung verbaut. © Vanessa Müller
Das Buntglasfenster stammt aus einer alten Villa und wurde bei der Renovierung verbaut. © Vanessa Müller

Schritt für Schritt baut er selbstständig den Fröhlichladen zu dem um, was er heute ist: Legt die Wände vom Putz frei, sodass der alte Backstein wieder sichtbar wird, entfernt eingezogene Decken, konstruiert Holzbalken neu und entfernt teilweise Holzpanelen am Boden, wovon die guten noch heute als umgebaute Regale oder Wandverkleidung dienen. Alte Türen werden eingesetzt sowie ein Buntglasfenster aus einer alten Villa.

„Ich mag, dass das Viertel historisch gesehen schon immer eines war, in dem viele Handwerker angesiedelt waren. Das ist genau das richtige für den Fröhlichladen“, bestätigt Marco die Entscheidung.

Marco hat die Räumlichkeiten nach seinen Vorstellungen hergerichtet. © Vanessa Müller
Marco hat die Räumlichkeiten nach seinen Vorstellungen hergerichtet. © Vanessa Müller

Skurriles und Schönes

In den Räumlichkeiten präsentiert, verkauft und bereitet Marco seine Möbel auf. Und die sind alle echte Hingucker. So findet man hier zum Beispiel eine Schulbank aus den 50er Jahren, französische Bistrostühle aus Metall, sakrale Kerzenständer aus einer ehemaligen Kirche, einen ausgefallenen Designer Couchtisch im Hollywood Stil, einen Esstisch aus der Gründerzeit Frankreichs, eine afrikanische Holzskulptur, die ursprünglich Teil eines Throns war, einen alten Flugsimulator oder einen antiker Barock-Sessel.

Es ist eine Mischung aus Industriedesign, Vintagemöbeln, Designerstücken und Kuriositäten. „Es soll schon ein bisschen skurril sein“, bestätigt Marco uns lachend.

Und obwohl jedes Stück aus einer anderen Zeit oder einem anderen Kulturkreis stammt, wirken sie perfekt aufeinander abgestimmt und zu einem gemeinsamen Kunstwerk in den Räumlichkeiten arrangiert.

Die - etwas skurrile - Stuhlsammlung. Aber ein Hingucker sind sie alle. © Vanessa Müller
Die – etwas skurrile – Stuhlsammlung. Aber ein Hingucker sind sie alle. © Vanessa Müller

Von Flohmärkten und Gebrauchtwarenläden

Die Möbelstücke findet Marco entweder auf Flohmärkten oder in Gebrauchtwarenläden, die er in regelmäßigen Abständen abklappert, manchmal aber auch auf der Straße, die dort als Sperrmüll landen. Häufig führt der Weg auch über die Grenze nach Frankreich. „Man kann das Vergnügen ja auch mit dem Nützlichen verbinden, geht schön essen, nimmt noch was im Supermarkt mit und stöbert eben dort ein wenig nach neuen Schätzen,“ erklärt Marco.

Dabei begleitet ihn auch gerne seine Bekannte Amira. Sie haben sich kennengelernt, als Amira bei ihm eine Lampe gekauft hat, jetzt gehen sie gerne gemeinsam auf Schatzsuche.  Da Amira auf Ölgemälde spezialisiert ist und Marco auf Möbelstücke, kommen sie sich auch nie in die Quere. So geht es auch an dem Tag unseres Besuchs für die Beiden auf die Suche nach neuem Alten in einem Gebrauchtwarenladen.

Die Möbelstücke findet Marco auf Flohmärkten oder Gebrauchtwarenläden. © Vanessa Müller
Die Möbelstücke findet Marco auf Flohmärkten oder Gebrauchtwarenläden. © Vanessa Müller

Gutes Gespür bei Auswahl

Doch wie entscheidet Marco, welches Möbelstück mitdarf? „Ich kaufe eigentlich hauptsächlich Sachen, die mir auch persönlich gefallen,“ erklärt Marco. „Okay, sie sollten sich auch irgendwie verkaufen lassen“, gesteht er, „es sind schon auch manchmal welche dabei, die ich mir jetzt nicht in die Wohnung stellen würde.“

Beim Thema Patina, also die Oberfläche, die auf natürliche Art gealtert ist, kommt Marco direkt ins Schwärmen. „Die Patina ist für mich ein wichtiger Faktor, ich will sie auch so unbehandelt und natürlich beibehalten wie es nur geht und gar nicht viel daran verändern.“

Marcos gutes Gespür bringt Kunst und Einrichtung in Einklang. © Vanessa Müller
Marcos gutes Gespür bringt Kunst und Einrichtung in Einklang. © Vanessa Müller

„Marco hat ein totales Gespür dafür, was angesagt ist,“ wirft Amira ein, „das, was er vor 10 Jahren super verkauft hat, ist jetzt gar nicht mehr in, aber er geht mit der Zeit.“ Waren es mal Antiquitäten oder Recyclingmöbel aus Kunststoff, wie beispielsweise von Bär & Knell, die gehypt wurden, sind es heutzutage eher Tische, Bänke oder Stühle im Industrie- und Shabbylook.

„Ich habe mich schon als Kind für alte Sachen interessiert und war mit 10 Jahren das erste mal auf dem Krempelmarkt. Ich konnte mich besonders für alte Bücher, die schön eingebunden sind, sofort begeistern“, erklärt Marco die Anfänge. Aus dem leidenschaftlichen Hobby wurde dann eben mit der Zeit eine Geschäftsidee. „Und so schlecht hat es dann ja auch nicht zu meinem Beruf gepasst: Ich kann die Stücke aufarbeiten, ausbessern oder aufpolstern“, verdeutlicht Marco.

Der Fröhlichladen bietet eine faszinierende Welt an Vintage- und Designermöbeln. © Vanessa Müller© Vanessa Müller
Der Fröhlichladen bietet eine faszinierende Welt an Vintage- und Designermöbeln. © Vanessa Müller© Vanessa Müller

Unverkäufliche Lieblingsstücke

Von manchen kann sich Marco allerdings nicht trennen, diese sind unverkäuflich. Zu diesen persönlichen Lieblingsstücken gehören beispielsweise drei anthroposophische Stühle aus dem Walldorfkindergarten in der Zielstraße, wo auch seine Kinder waren und wahrscheinlich irgendwann mal drauf saßen. Auch eine Vielzahl der Kerzenständer ist nicht für den Verkauf bestimmt. „Die kommen bei Familienfeiern, die wir hier gerne mal abhalten, auf den Tisch“, erzählt Marco.

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Für künstlerische Projekte wie Fotoshootings oder Filme kann man die Räumlichkeiten übrigens auch von Marco mieten.

Die kleinen Stühle rechts oben auf dem Schrank sind Marcos Lieblingsstücke. © Vanessa Müller
Die kleinen Stühle rechts oben auf dem Schrank sind Marcos Lieblingsstücke. © Vanessa Müller

Regelmäßig neue Angebote

Ansonsten lohnt sich der Weg in den Fröhlichladen auf jeden Fall, wenn ihr auf der Suche nach besonderen Einzelstücken, schönen Gebrauchtmöbelstücken oder ausgefallenen Hinguckern seid – für die Wohnung, das Büro, ein Atelier oder den Garten. Garantiert ist, dass jedes Möbelstück eine einzigartige Geschichte hat – bekannt oder unbekannt.

Die Preisrange ist dabei sehr groß und richtet sich nach dem Produkt. Hier spielen der Zustand, der Marktwert sowie Exklusivität eine Rolle.  Während man einfache Holzstühle bereits für unter 50 € bekommt, muss man für einen exklusiven Designerstuhl schon mit mehreren Hundert Euro rechnen.

Ihr könnt telefonisch einen Termin im Fröhlichladen ausmachen, auf Ebay Kleinanzeigen vorbeischauen oder auf Instagram aktuelle Angebote verfolgen. Auch an Aktionen im Viertel, wie Hofflohmärkte oder der Lichtmeile, nimmt Marco regelmäßig teil. Mit Nachbarin Sandra, die Sasas Vintage hat, pflegt er ebenso eine enge Gemeinschaft. Gemeinsam findet man sie ab und zu an ihrem Stand auf dem Krempelmarkt.

Regelmäßig landen neue Dinge im Fröhlichladen - und werden bis zum Verkauf liebevoll arrangiert. © Vanessa Müller
Regelmäßig landen neue Dinge im Fröhlichladen – und werden bis zum Verkauf liebevoll arrangiert. © Vanessa Müller

Es lohnt sich auf jeden Fall immer wieder vorbeizuschauen, da sich das Angebot stets erweitert und ändert.

Aktuell wartet Marco auf einen 3 Meter Tisch, der auf der BUGA im Shop stand und davor schon als Tisch in einer Schule diente. In seiner Werkstatt angekommen, wird er dann auf die BUGA Stühle von 1975 treffen. Er wird also in guter Gesellschaft sein.

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