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Traue niemandem, der nur gute Tattoos hat

Traue niemandem, der nur gute Tattoos hat

ILMA Team - Noé Dettloff
Einzigartiges Chaos unter der Haut - ILMA bei BüroBrutal © Nancy Jäger

Unkaschiert, fast nackt, hinter einer großen Glasvitrine in der Neckarstadt, mit dem simplen aber eindrucksvollem Aufdruck „Brutal“ machen drei Künstler unter dem Kollektiv Büro Brutal das, was sie am liebsten machen: erschaffen.

In dem hell erleuchteten Vorraum kreierten sich Vanessa Böhme, Robert Schott und Tobias Hammer einen Platz zum Ausstellen, Wohlfühlen und Tätowieren.

Doch Tobias Hammer ist vieles. Künstler, Ostdeutscher, Dozent, Phantasieschamane, Tätowierer, Akademiker, Hin-und-Her-Läufer und vor allem Klappfahrradenthusiast.

Dieser Cocktail von Interessen und Charakter materialisiert sich unter anderem in seinen Tattoos, von denen er, anders als manch andere Studios, ausschließlich seine eigenen Motive und ohne Maschine sticht.

In zahlreichen kleinen Notizheften, bis in die letzte Ecke ausgemalt wie alte Schulbücher, sammelt er die Eindrücke und Gedanken die er von seinem Umfeld eingefangen bekommt.

In Form von kleinen Zeichnungen, Schriftzügen und Figuren findet sich harte Gesellschaftskritik über das Patriachat direkt neben einer lustigen Zeichnung von einem kleinen Frosch wieder.

Nur ein kleiner Einblick in die Sketchbooks. © Nancy Jäger
Nur ein kleiner Einblick in die Sketchbooks. © Nancy Jäger

In den Heften landet alles, und nicht nur Meisterwerke.
Aber genau darauf kommts an.

Die Kunst erblüht zwischen dem Künstler, dem Motiv, dem Betrachter und einer gewissen Resonanz zwischen all diesen Drei. Zwischen dem vielleicht in der Bahn hingekritzeltem Motiv, dass aus irgendwelchen Gründen den Betrachter anspricht und Tobi, der fast schon meditativ mit einer Nadel das dabei ursprüngliche Gefühlte und Gedachte unter die Haut bringt.

Jedes Tattoo schafft sein eigenes bisschen Chaos, und es ist wunderschön, wie es sich zwischen dem Stecher und Gestochenen realisiert. Die Erfahrung wird abgeschlossen durch ein paar Spritzer eines Parfüms, von Tobi sorgfältig und individuell ausgewählt, als wohltuenden Kontrast zu dem schmerzenden Tattoo und vollendet damit das sinnesübergreifende Kunstwerk.

Ohne Maschinenlärm – aber mit Gefühl © Nancy Jäger

„Manche Zeichnungen sehen erst als Tattoo wirklich gut aus.“

Doch das Arbeiten mit Nadel und Tinte beschreibt nur einen Bruchteil dessen, was das Büro Brutal so aus macht. Die Räumlichkeiten werden zur Bühne für das Ungewohnte.

Für Ausstellungen mit Möbeln, gebaut aus IKEA – Plüschtieren, Lichtinstallationen mit DJ oder für Messen der Turbo Hammer Church, einer selbsterschaffenen Patchwork-Kirche aus allen möglichen „Glaubensrichtungen“, egal ob Weltreligion oder Fußballclub, mit Tobias als Schamane.

Kunst, Lebensphilosophie und Menschlichkeit stehen selten so nah zusammen wie bei einer Büro Brutal Erfahrung. Durch die Große Vitrine grüßt Tobias jeden „Außenstehenden“ wie einen alten Freund und bringt Licht in die teils trüben Visagen der passierenden Neckarstädter.

Das Büro Brutal schafft Platz. Platz, um Künstlern eine Bildfläche zu geben, Platz für Konversationen, die so vielleicht nie stattfinden würden, und Platz in den Köpfen der Leute für mehr Facetten von dem, was man als Kunst kennt.

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Valerie hat sich mit dem Minimalist Concept Store ihren Traum verwirklicht. © Vanessa Müller

Für einen Besuch auf ein Tattoo, ein originelles Gespräch bei einer Kippe oder was auch immer sich Tobias und seine Miterschaffer als nächstes ausdenken, ist eins klar:

Das Büro Brutal bietet etwas, dass man so, noch nicht erlebt hat.

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