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So war es bei der FuckUp Night in der Klapsmühl‘

So war es bei der FuckUp Night in der Klapsmühl‘

Sarah Wallner
Die Speaker: Jochen Stange, Marcus Walter, Judith Geiß und HongHong Xu mit den Moderatoren.

Es gibt diese Momente, in denen man im Boden versinken möchte und nie wieder rauskommen will. Dann bleiben einem nur zwei Möglichkeiten: Daraus lernen und wachsen – oder „fuck“ denken und trotzdem weitermachen.

Wie das geht, haben vier Speaker jetzt Anfang Dezember bei der „FuckUp Night“, kurz FUN, in der Klapsmühl‘ am Rathaus gezeigt.

„Wer weiß, schweigt. Wer redet, weiß nichts“

Als erste Speakerin betritt HongHong Xu die Bühne. Vor 30 Jahren kam sie für ihr Studium aus China nach Deutschland und war immer sehr bestrebt, viel von anderen zu lernen und sich stets zu verbessern – ein Arbeitseifer, den sie aus ihrer Heimat mitgebracht hat.

Außerdem lebte sie auch immer nach dem chinesischen Sprichwort „Wer weiß, schweigt. Wer redet, weiß nichts.“ Das wurde ihr aber irgendwann zum Verhängnis.

Denn sie musste feststellen, dass die Art und Weise, wie sie erzogen wurde und wie sie bisher gelebt hat, hier in Deutschland nicht immer so funktionieren kann.

Nach ihrem Studium arbeitete sie bei einem Unternehmen und leitete ein großes Projekt, das sie am Ende vor vielen Führungskräften vorstellen sollte. Doch im entscheidenden Moment kam – nichts. Vor Aufregung bekam sie bei der Präsentation kein Wort heraus. Ein Kollege musste für sie übernehmen.

In diesem Moment wurde HongHong eines klar: Manchmal muss man die eigenen Kulturgewohnheiten brechen, um weiterzukommen. Sie ist mittlerweile nicht mehr so schweigsam wie damals und steht für sich ein, berichtet sie und beweist es durch ihren mutigen Auftritt.

Das Publikum in der Klapsmühl‘ lauscht gespannt den vier Speakern. © FuckUp Night Mannheim

Lieber selbst gehen als gegangen werden

Erfahrung mit Scheitern hat auch die zweite Speakerin Judith Geiß gemacht. Ihr „Fuckup“-Moment war während ihrer Tätigkeit bei einem amerikanischen Unternehmen.

Bei einer Betriebsversammlung wurde plötzlich bekannt gegeben, dass sämtliche Stellen gestrichen werden, inklusive ihrer Stelle. Auf einmal soll sie nicht mehr nötig sein – und das trotz viel zu viel Arbeit.

Sie konnte es kaum glauben, dachte erst es wäre ein Missverständnis. Ein Gespräch mit der Personalabteilung bestätigte ihr: Es ist zu Ende, ihre Stelle wird abgebaut.

In eigener Entscheidung verließ sie noch vor der Kündigung das Unternehmen, im Gegensatz zu den Kollegen, die sich nicht getraut hatten, einfach zu gehen und hofften, dass ein Wunder sie und ihre Jobs rettet. Denn manchmal kann es auch ein Zeichen von Mut sein, zu gehen.

Marcus Walter von iphotokunst war bei der FUN Vol. 14 zu Gast. © FuckUp Night Mannheim

 Vom Manager zum Fotografen

Den dritten Speaker kennen alle treuen Leser unserer Printausgabe: Iphone-Künstler Marcus Walter stellen wir euch in der aktuellen Ausgabe vor. Seine Beziehung zum Scheitern hat schon sehr früh angefangen, wie er dem Publikum mit Witz und Charme erzählt.

So wurde er damals mit diversen Scheitersituationen konfrontiert. Mal wurde er von seiner Mutter vergessen, aber auch eigenes Scheitern machte ihn zu einem anderen Menschen.

Er war im Job lange Zeit als Manager sehr erfolgreich, bis er für sich merke, dass ihm sein Job nicht wirklich Erfüllung bringt. Materielle Dinge standen für ihn im Vordergrund wie Autos aber auch Beziehungen – die jede für sich scheiterte.

Irgendwann stieg er auf die Bremse. Er erkannte, dass Geld allein nicht glücklich macht und beschloss, sein Leben zu verändern.

Er pilgerte mit seinem Sohn den Jakobsweg, lebte sparsamer und bezeichnet sich selbst von da an als Zeitmillionär. Heute ist er glücklich und erfolgreich, sowohl beruflich als auch privat.

Jochen Stange spricht über sein gescheitertes Projekt. © FuckUp Night Mannheim

 Einmal Craftbeer-Brauer und zurück

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Eingang zum Omakase Pop-up Event von Dawid Szmurlo im Le Corange. © Carolin Etzold

Als letzter Speaker des Abends betritt Jochen Stange die Bühne. Er führt seit langem eine Werbeagentur, die sich auf die Gestaltung von Weinetiketten spezialisiert hat. Bei einem Braukurs kam er dann mit Freunden auf die Idee, in die Craftbeer Szene einzusteigen.

Mit einem Braumeister aus der Region entwickelten sie zusammen das „Haardt Bier“. Das Geschäft lief top, wie er erzählt, sie produzierten in Massen Merchandise-Artikel, die auch bei sämtlichen Veranstaltungen verteilt wurden. Auch das Bier kam sehr gut an.

Man könnte meinen, das Projekt wäre ein voller Erfolg.  Allerdings hielt die Euphorie nicht besonders lange, denn irgendwie brachte die neu gegründete GmbH keinen Gewinn.

Jochen und sein Team steckten sehr viel Zeit und Geld in dieses gemeinsame Projekt, unterschätzten aber alle den großen Aufwand, den eine Produktion mit sich zieht.

Am Ende wurde es für alle zu teuer – und Jochen musste sich auch wieder auf seine Werbeagentur konzentrieren. Wenn er heute darauf zurückblickt, zieht er vor allem den Schluss, dass er früher hätte erkennen sollen, wann es nicht mehr weiter geht und es am besten wäre, einen Schlussstrich zu ziehen.

Fragen an Speaker

Nach jeder Runde hatte das Publikum auch die Möglichkeit, Fragen an die Speaker zu stellen. Aus den vier doch sehr unterschiedlichen Geschichten kann man auch sehr viel für sich selbst mitnehmen und lernen.

Wie es ist zu scheitern kennen wir alle – doch richtig damit umzugehen und aus dem, was passiert ist zu lernen – das ist die hohe Kunst und wichtig.

Das Projekt, das von Angela Kniesel und Simone Ruckstuhl ins Leben gerufen wurde, gibt es mittlerweile schon seit 2015.

Drei- bis viermal findet das Event in wechselnden Locations statt. Ziel der FUN soll sein, mit dem Thema Scheitern einfacher umgehen zu können und auch von der Gesellschaft mehr Akzeptanz zu erhalten.

  • FuckUp Night Mannheim
  • Die nächste FUN findet wieder 2020 statt.
  • Wenn du auch deine eigene Geschichte vom Scheitern hast und diese mit anderen teilen möchtest melde dich gerne beim FUN Team per Mail an mail@fuckupnights-mannheim.de
  • fuckupnights-mannheim.de/
  • facebook.com/funmannheim/

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