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Korea meets Mannheim – „Sedameansstrong“ im Interview

Korea meets Mannheim – „Sedameansstrong“ im Interview

Daniela Steinbrenner
Seda bei ihrem Mannheim-Besuch vor dem Wasserturm. © Seda

Einfach den eigenen Koffer packen und die Zelte in einem anderen Land aufschlagen: Haben wir nicht alle schon mal mit diesem Gedanken gespielt?

Youtuberin Seda hat genau das damals mit Anfang zwanzig in die Realität umgesetzt. Mit einer Reichweite von 54.000 Followern auf Youtube und fast 22.000 auf Instagram unterhält die gebürtige Mannheimerin ihre Community vor der Kamera in ihren Vlogs zu Themen wie Fashion, Lifestyle und Food und berichtet über das Leben in Korea.

Nach nun drei Jahren war sie diesen Sommer wieder in ihrer Heimatstadt Mannheim zu Besuch und erzählt uns im Interview über Highlights während ihres Besuches sowie etwas über die das Leben in Korea.

Wie bist du denn zum Entschluss gekommen nach Korea auszuwandern? Was war so er Auslöser?

Seda: Eigentlich war mir schon etwas länger langweilig in Deutschland. Damals habe ich überlegt nach Amerika oder nach England auswandern. Es war auch schon alles für England dann geplant. Ich habe mich auch dort für die Uni beworben und wurde auch angenommen. Aber bevor ich mit dem Studium anfangen sollte, wollte ich unbedingt mal nach Japan reisen.

Da diese Reise alleine stattfinden sollte, habe ich versucht online auf der anderen Seite der Welt Freunde zu finden. Leider hatte ich bei den Japanern nicht zu viel Glück. Die waren etwas zu schüchtern. Dafür habe ich aber einige koreanische Freunde gefunden und da es nicht weit weg von Japan liegt, bin ich nach Korea gereist.

Eine wirkliche Faszination für Korea hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich habe mich dann aber sofort auf den ersten Blick in die Stadt Seoul verliebt und bin geblieben. Ich muss aber sagen, es war nie geplant für immer hier zu bleiben, sondern mehr ein working holiday zu machen und dachte, dass mir schon bald langweilig werden würde, aber je länger ich hier war, umso mehr hat es mich interessiert zu bleiben.

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Du hast dich dann bestimmt davor online über Korea informiert, oder?

Seda: Ehrlich gesagt habe ich mich gar nicht informiert. Tatsächlich bin ich einfach hingeflogen. Da ich wusste, dass man mich da abholt, war ich wenig besorgt und dachte mir nur „go with the flow“. Dementsprechend war auch mein erster Eindruck vom Hangang Fluss überwältigend. Es war so cool! Ich habe nicht damit gerechnet, dass Korea so ein schönes, modernes und auch sauberes Land ist.

Wie kam es dazu, dass du mit Youtube angefangen hast und es auch sich zu einem Job entwickelt hat?

Seda: Es gab nicht so viele Visumsoptionen. Meiner Meinung nach ist es sehr schwer in Korea ein Visum zu bekommen und ich hatte nur wenige Optionen. Über ein „Youtube-Visum“ habe ich in der Zukunft die Freiheit zu entscheiden, was ich machen möchte und muss mir von niemand etwas sagen lassen. Das ist der große Vorteil daran.

Bevor ich mit Youtube angefangen habe, dachte ich mir, „Hey, dein Leben ist schon ein wenig anders als bei anderen“ und dass es auch Deutsche da draußen gibt, die vorhaben nach Korea zu kommen und genauso viele Schwierigkeiten haben werden, wie ich. Der Plan war auch den Menschen die koreanische Kultur näher zu bringen. Mir war auch wichtig das richtige Korea zu zeigen.

Du spielst da auf die wachsende Beliebtheit der K-Pop Kultur an. Dadurch idealisieren bestimmt einige Interessierte das Land und kommen mit falschen Erwartungen, oder nicht?

Seda: Genau, aber dieser Teil ist klein in Bezug auf die koreanische Kultur. Die Leute außerhalb Koreas haben aber den Eindruck, Korea würde ausschließlich von K-Pop geprägt sein, was nicht stimmt. Viele Dinge werden nicht nach außen getragen, wie zum Beispiel die charakterlichen Eigenschaften der Koreaner.

Man darf sich da nicht von dieser Popkultur blenden lassen. Genau da komme ich ins Spiel, indem ich andere Themen mir als Schwerpunkte gesetzt habe. Das ist eher selten auf youtube zu finden, da wirklich viele genau diese Schiene bedienen.

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Was sind denn so die größten Hürden bei deiner Auswanderung gewesen?

Seda: Ich war nicht so verkrampft darauf unbedingt im Land bleiben zu wollen. Einige Freunde waren da viel gestresster und ich kenne so viele, die deshalb das Land verlassen oder sogar geheiratet haben. Mein Gedanke dabei war, entweder es passiert so wie ich es möchte oder gar nicht.

Mein Fokus war da mehr in die Sprachschule zu gehen und die Sprache zu lernen. Hin und wieder habe ich auch Visa Hopping gemacht. Wie gesagt für ein Visum wollte ich mich nicht in einen Job zwingen, das ist also nicht in Frage gekommen.

Mir war es nicht nur wichtig in Korea zu bleiben, sondern auch meine Vorstellung von Lebensqualität beizubehalten. Große Hürden gab es in meinem Fall nun nicht, aber es hat wirklich viel Geduld und harte Arbeit von einem selbst abverlangt. Auf diesem Weg ist es mir praktisch in den Schoß gefallen.

Korea weißt ja eine komplett andere Kultur wie in Deutschland auf. Hast du da schnell Anschluss gefunden?

Seda: Ich habe relativ schnell Anschluss gefunden, aber man wird schnell merken, dass die Beziehungen die man in Korea schließt eher oberflächlich sind, wenn man wenig bis gar nicht die Sprache sprechen kann.

Enge Freundschaften sind da wirklich schwierig. Ich hatte eine beste Freundin als ich nach Korea kam, die mir wirklich sehr geholfen hat mich zu Recht zu finden. Heute ist es anders. Ich ziehe viel um und finde schnell Anschluss in meiner Nachbarschaft. Wenn man koreanisch sprechen kann, erleichtert das einem viel.

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Du bist immer noch im Prozess Koreanisch zu lernen. Fällt es dir schwer die Sprache zu lernen?

Seda: Ich befinde mich so im B2, C1 Level, aber natürlich fällt es mir hin und wieder schwer. Da ich hier wohne, spreche ich es schon fließend und kann gut lesen und schreiben. Natürlich kann ich noch nicht philosophische Themen besprechen, was auch sehr schade ist, weil solche Themen mich auch interessieren.

An manchen Tagen ist man auch faul und versucht die Leute vom Englisch so ein bisschen zu bekehren *lacht*. Bei manchen Sprachen reichen Vokabeln und Grammatik aus, aber im Koreanischen spielt auch die Kultur eine große Rolle.

Man kommuniziert auch viel mit Handlung und Gestik. Mein Rat an alle die es lernen wollen: lasst euch Zeit. Das beste Ergebnis hat man nach Jahren.

Dann kann es auch bestimmt häufig zu Missverständnissen kommen?

Seda: Ja genau, das ist auch ein Problem was viele Ausländer dann haben wenn sie nach Korea kommen. Sie greifen automatisch nach ihrer eigenen Kultur, was manchmal auch gut ist, da auch die koreanische Kultur nicht perfekt ist.

Wenn hier in Korea etwas getan oder gesagt wird, was man aus seiner eigenen Kultur nicht kennt, dann gehen viele schnell in eine Angriffshaltung und genau das sollte man nicht tun. Wenn man wirklich vorhat da zu leben, muss man verstehen, dass man hin und wieder zurücktreten muss als Gast in dem Land. Genau das Gleiche müssen die Koreaner machen, wenn sie wiederum nach Deutschland kommen.

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Haben Koreaner gegenüber Ausländern eigentlich viele Vorurteile?

Seda: Ja, also ausländische Frauen haben mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass man denkt man wäre sehr offen und auf den Bereich Dating und One Night Stands bezogen „leicht zu haben“. Klar gibt es welche die dafür offen sind, aber als Person da abgestempelt zu werden ist nicht immer schön, wenn man ernst genommen werden möchte.

Außerdem erwartet niemand von mir, dass ich Koreanisch sprechen kann und ihre Kultur verstehe. Ich muss mich da immer erst in einem Gespräch mit meinem Wissen beweisen, bevor sie dann verstehen, dass ich schon etwas Ahnung davon habe.

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Wir haben an einer Cleanup Aktion der Surfrider Baden/Pfalz teilgenommen. © Daniela Steinbrenner

Du lebst schon so viele Jahre in Korea und hast in einem deiner Vlogs erwähnt, dass dein letzter Besuch in Deutschland drei Jahre her ist. War Deutschland für dich ein großer Kulturschock?

Seda: Normalerweise habe ich schon einen kleinen Kulturschock, aber diesmal hat sich nicht viel verändert. Mir ist nur aufgefallen, dass die Menschen in Deutschland irgendwie offener und moderner geworden sind. Auch der Kleidungsstil hat sich geändert.

Wo ich etwas in der Mannheimer Innenstadt gevloggt habe und Fotos von mir gemacht habe, war es das erste Mal, dass man mich nicht komisch angeschaut hat. Mannheim an sich hat sich aber in all deinen Jahren für mich gar nicht verändert *lacht*.

Wenn ich zum Beispiel Korea für zwei Wochen verlasse, hat sich wieder etwas in meiner Nachbarschaft verändert. Es ist auch kein Geheimnis, dass Deutschland sich in vielen Dingen einfach Zeit lässt, was Veränderungen angeht. Wobei vielleicht Metropolstädte wie Seoul gestresster sind, geht es in Deutschland entspannter zu und das habe ich auch richtig genossen.

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Du bist in Mannheim aufgewachsen. Was verbindet dich so mit dieser Stadt?

Seda: Was ich an Mannheim sehr schätze ist der multikulturelle Aspekt. Meiner Meinung nach hebt das uns von anderen deutschen Städten ab. Wir haben einen sehr großen Einfluss mehrerer Kulturen, wie zum Beispiel die Amerikanische wegen der Kaserne und auch die Türkische.

Ich bin zum Beispiel Deutschtürkin und ich finde, wir haben sehr früh dieses Miteinander gelernt und auch lernen müssen. Das finde ich einfach cool, dass viele Kulturen aneinander ‚clashen‘ können ohne sich voneinander bedroht zu fühlen. Irgendwie bin ich da auch stolz, aus Mannheim zu kommen.

Du hast einige Koreanische Cafés und Restaurant in der Umgebung ausprobieren. Was sind so deine Empfehlungen?

Seda: Ich war für ein Yotubevideo bei Bab2go, bbq Chicken, beides koreanische Restaurant. Ich kann beides nur empfehlen! Das Soban war auch ganz gut.

Eigentlich haben wir sehr viel Glück in der Region, denn diese Läden sind meist von Koreanern geführt und deshalb so authentisch. Andere Städte haben da vielleicht nicht so viel Glück. Meine Empfehlung wo man unbedingt hingehen sollte: bbq Chicken. Das Essen muss jeder einmal probiert haben.

Was wäre so der Place to be, wo man dich in Mannheim auffinden könnte?

Seda: Man würde mich wahrscheinlich auf den Planken am Wasserturm finden. Das ist so meine Gegend. Der Starbucks Laden, die Buchhandlung Thalia mit dem Grimminger in der Nähe. Die komplette Straße bis zum Müller hin, da hänge ich sehr gerne ab.

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Wie stellst du dir deine Zukunft vor? Könntest du dir vorstellen für immer in Korea zu bleiben oder zieht es dich wieder zurück nach Deutschland?

Seda: Ich könnte mir nicht vorstellen für immer in Korea zu wohnen. Im Moment gefällt es mir hier, aber ich sehe meine Zukunft auch nicht in Deutschland. Ich glaube für mich gibt es kein „einmal ausgewandert und das war es“.

Für mich war die Entscheidung nach Korea zu gehen nie absolut. Da will ich mir alle Optionen offen halten. Ein Ziel von mir wäre für eine Zeit lang in Strandnähe zu leben. Es könnte Korea, Türkei, Thailand oder die Karibik sein.

Ich weiß nur, dass ich ohne diese Strandluft nicht leben möchte, weil das so eine große Lebensqualität einem gibt. Man weiß nie wohin es einen verschlägt. Das schöne ist einfach, ich kann das für mich selbst entscheiden. Einfach ein freier Vogel.

  • Seda

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